Warum und wie die 50+1-Regel fallen könnte

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Die 50+1-Regel wurde nicht nur auf der Fußballkonferenz am 16.11. ausgiebig diskutiert. Auch in meinen Seminaren kommen wir immer wieder auf diese Regelung zu sprechen.

Wie in meinem Bericht von dem Branchen-Treffen unter Punkt 4 erwähnt, waren sich die Experten einig: Die 50+1-Regel würde langfristig fallen.

Ich möchte Dir in diesem Beitrag zeigen, warum.

Was ist die 50+1-Regel?

Die 50+1-Regel soll dafür sorgen, dass die Mehrheit an einer Fußballabteilung immer von einem eingetragenen Verein (e.V.) gehalten wird. Eine Mehrheit erreicht eine Partei hierbei immer dann, wenn sie eine Stimme mehr als 50% aller Stimmen hält. Geregelt ist dies in der Satzung des DFB.

Eine Kapitalgesellschaft kann nur eine Lizenz für die Lizenzligen und damit die Mitgliedschaft im Ligaverband erwerben, wenn ein Verein mehrheitlich an ihr beteiligt ist, […]“ § 16c Nr. 2 Satzung DFB

Im Zuge der Entscheidung für die Duldung von Kapitalgesellschaften im Ligabetrieb im Jahre 1998 wurde diese Regelung definiert. Sie soll die Bundesligisten vor dem Ausverkauf an Investoren schützen.

Angst als Hürde für die Abschaffung

Bereits in meinem ersten Beitrag zur Gründung der Bundesliga habe ich erwähnt, wie man versucht mit strengen Regelungen potenzielle Gefahren zu vermeiden. Die damalige Angst vor dem Profitum und dem Verstoß gegen neu erlangte moralische Wertvorstellungen unterscheidet sich kaum von der heutigen Problematik.

Mit jeder Entscheidung können tiefgreifende Veränderungen einher gehen. Mein Gefühl ist, dass es älteren Branchen besonders schwer fällt, Entscheidungen zu treffen. Zwar ist die Bundesliga nicht antik, hat aber dennoch bereits über ein halbes Jahrhundert Bestand.

Es wird befürchtet, dass durch eine komplette Öffnung für Investoren die traditionellen Werte der Bundesliga sowie der einzelnen Clubs verkauft werden könnten.

Englische Premier League als Mahnbeispiel

In der englischen Premier League sind (nahezu) alle Clubs in Privatbesitz. Ein absolutes Negativbeispiel ist der Einfluss des bereits verstorbenen Malcom Glazers bei Manchester United.

Nach der Übernahme in 2005 richtete er den englischen Traditionsclub auf finanziellen Gewinn aus. Für die Fans bedeutete dies höhere Ticketpreise, teurere Merchandising-Produkte (Fan-Artikel) etc.

Trotzdem zieht England davon

Ich bin ein Freund von freien Märkten ohne große Reglementierungen – es sei denn, sie sorgen für Gerechtigkeit.

Zum Thema Gerechtigkeit haben wir bereits gesehen, dass die Wettbewerbsdynamiken in der Bundesliga zu Überinvestition & Überschuldung führen und sich somit die Schere zwischen arm und reich weiter öffnet.

Nichts anderes passiert im internationalen Vergleich. Während es die 50+1-Regel in den anderen Top-Ligen nicht gibt, versucht die DFL auf diese Art und Weise Tradition zu wahren.

Weitere Regelungen, wie beispielsweise die Champions League Reform sorgen dafür, dass sich auch international zwei Klassen von Fußballclubs heraus bilden.

Schauen wir uns als Beispiel die englische Premier League an. Diese ist uns nicht nur im Hinblick auf die TV-Vermarktung finanziell voraus. Auch durch die Einbindung externer Investoren können die englischen Clubs viel stärker investieren.

Langfristig fürchte ich so um die Wettbewerbsfähigkeit der Bundesliga.  Aus diesem Grund bin ich für eine Abschaffung der 50+1-Regel. Nicht aber, damit alle Clubs sich, ihre Tradition und ihre Werte verkaufen, sondern damit die Clubs selbst entscheiden können.

Die Clubs haben die Entscheidungsgewalt

Wenn die 50+1-Regel fällt, ändert sich erstmal nichts. Die Besitzverhältnisse der Clubs bleiben unberührt. Dies ändert sich erst an dem Tag, an dem sie sich dazu entscheiden, Anteile zu verkaufen.

Ich möchte jedoch betonen, dass die Clubs dies selbst in der Hand hätten. Niemand wird gezwungen auch nur 1% seiner Anteile zu veräußern.

Jeder Club muss sich demnach die Frage stellen, ob, wann, an wen und wie viel seiner Anteile er verkaufen möchte. Da die Entscheidung die Zukunft eines jeden Clubs massiv beeinflusst, sollte man diese mit Vorsicht treffen.

Dennoch gibt es auch hier Wege, sich abzusichern. Aus Theorie & Praxis weiß ich, dass es im Falle von Unternehmenskäufen & -verkäufen (Mergers & Acquisitions – kurz M&A) zu vorvertraglichen Vereinbarungen kommt.

In einem Letter of Intent (Vorvertrag) muss der externe Investor darlegen, welche Interessen er mit dem Erwerb von Anteilen verfolgt. Damit kann dem Fall vorgebeugt werden, dass ein Investor erst nach dem Verkauf sein wahres Gesicht zeigt.

Was passieren muss, damit die Regel gekippt wird

Seit einigen Jahren kämpft Martin Kind – Eigentümer Hannover 96 – für die Abschaffung der 50+1-Regel. Vor dem Entscheidungsgremium der DFL – bei dem die Abschaffung eine 2/3 Mehrheit benötigt – ist er jedoch bisher gescheitert.

Für eine solche Regeländerung bedarf es mehr als nur einen Befürworter. Insbesondere die einflussreichen Top-Clubs (Borussia Dortmund & FC Bayern München. ggf. Bayer Leverkusen und zukünftig RB Leipzig) könnten das Ruder herum reißen.

Genau hier liegt meiner Ansicht nach ein großes Problem: Lediglich der FC Bayern München könnte sich langfristig als Befürworter neben Hannover 96 positionieren.

Warum kaum Top-Clubs für die Abschaffung stimmen

Die drei anderen Clubs haben jeweils eine elegante Form zur „Umgehung“ der 50+1-Regel gefunden. Keiner der Clubs verstößt dabei gegen die Regelung. Es werden jedoch Wege gefunden, wie trotz 50+1-Regel von einer Anteilsveräußerung profitiert werden kann.

  1. Borussia Dortmund hat von der Möglichkeit der Veräußerung von Kapitalanteilen (ohne Stimmrecht) aufgrund der gewählten Gesellschaftsform einer GmbH & Co KGaA Gebrauch gemacht.
  2. RB Leipzig hat einen exklusiven eingetragenen Verein (e.V.) gegründet, in dem nur Red Bull Mitarbeiter aktiv sind.
  3. Bayer Leverkusen ist über eine Sonderregelung in der Satzung des DFB bereits heute dazu berechtigt die Mehrheit der Stimmen an Bayer abzugeben. Hintergrund ist eine Frist von 20 Jahren nach deren Verstreichen und ununterbrochener Unterstützung ein Unternehmen die Mehrheit an der Fußballgesellschaft übernehmen darf.

Geregelt ist diese Ergänzung zur 50+1-Regel ebenfalls in §16c Nr. 2 der Satzung des DFB.

„Über Ausnahmen vom Erfordernis einer mehrheitlichen Beteiligung des Muttervereins nur in Fällen, in denen ein Wirtschaftsunternehmen seit mehr als 20 Jahren den Fußballsport des Muttervereins ununterbrochen und erheblich gefördert hat, entscheidet das Präsidium des DFB auf Antrag des Ligaverbandes.“

Von einer Abschaffung der 50+1-Regel würden die drei genannten Clubs somit nicht direkt profitieren.

Im Gegenteil: Da wir uns im positionalen Wettbewerb befinden, könnte eine Abschaffung den dreien durch die potenzielle Stärkung der Wettbewerber schaden.

Demnach bleibt uns nichts anderes übrig, als darauf zu hoffen, dass der FC Bayern München die Brisanz der Thematik rechtzeitig erkennt und angeht.

Alternativ ist immer noch denkbar, dass die anderen Top-Clubs das Wohl der Bundesliga über ihr eigenes stellen und trotzdem für eine Abschaffung kämpfen.

Ein weiterer Weg zur Abschaffung der 50+1-Regel

Darüber hinaus ist ein weiteres Szenario zur Abschaffung der 50+1-Regel denkbar.

Wie bereits oben gezeigt, gibt es einige Möglichkeiten zur Umgehung der starren Regel, sodass dennoch Kapitalanteile verkauft werden können. Während RB Leipzig & Borussia Dortmund bisher Einzelfälle darstellen, sind einige Clubs von der dargestellten Sonderregelung betroffen.

Neben Bayer Leverkusen profitieren auch der VfL Wolfsburg sowie perspektivisch Hannover 96 und die TSG Hoffenheim von der Ausnahmeregelung.

Sollte es in Zukunft immer mehr legale Umgehungen für die 50+1-Regel geben, ist es durchaus denkbar, dass diese sang- und klanglos abgeschafft wird, weil sie eh keiner mehr erfüllt. Bis dahin würde aber noch einiges an Zeit und somit Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Vergleich vergehen.

Fazit

Die 50+1-Regel mag bei der Entscheidung für die Duldung von Kapitalgesellschaften im Ligabetrieb im Jahr 1998 geholfen haben. Mittlerweile scheint sie meines Erachtens nach aber nicht mehr zeitgemäß.

Aus diesem Grund bin ich für eine Abschaffung, wodurch die Clubs mehr Entscheidungsgewalt erhalten. Ändern würde sich dadurch kurzfristig nichts. Mittel- bis langfristig könnten sich die Clubs und somit die Bundesliga auf diese Art und Weise nachhaltiger für den internationalen Wettbewerb aufstellen.


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11 thoughts on “Warum und wie die 50+1-Regel fallen könnte

  • 14. Dezember 2016 at 20:13
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    Sehr interessant! Du hast ja drei Sonderregelungen erläutert. Siehst du in den nächsten Jahren potenzielle weitere Sonderregelungen, die für andere Klubs interessant wären bzw. siehst du irgendeinen Klub, der dem BVB-Beispiel folgen könnte?

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    • 16. Dezember 2016 at 11:33
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      Moin Philipp, ich muss zugeben, dass ich kein Gesellschaftsrecht-Profi bin. Trotzdem meine kurze Einschätzung:
      1. Beispiel RB: Es wird für etablierte Clubs schwierig sein, den Leipzigern zu folgen. Diese Struktur (ein exklusiver, eingetragener Verein innerhalb eines Wirtschaftsunternehmens) ist nur für Neulinge denkbar, die in einer unteren Liga beginnen müssten.
      2. Beispiel Wolfsburg, Leverkusen & Co: Auch die Besonderheit der Aufhebung der 50+1-Regel nach 20 Jahren Engagement eines Investors für den Club wird es nicht von heute auf morgen geben. Welche Investoren hier aktuell am ehesten an der 20 Jahres-Frist schnuppern, weiß ich nicht. Die erste offizielle Beteiligung von Herrn Kühne beim HSV gab es laut Wikipedia im Jahr 2010 in Form vom Erwerb von Transferrechten.
      3. Beispiel stimmrechtlose Aktien: Über die Rechtsform der GmbH & Co. KGaA ist es problemlos möglich, stimmrechtlose Aktien auszugeben und somit mehr als 50% der Anteile (stimmrechtlos) zu veräußern. Ähnliche Voraussetzungen sehe ich bei einer AG. Somit käme dies (aus dem Kreise der aktuellen Bundesligisten) für den HSV, FC Bayern & Eintracht Frankfurt (alles AGs) sowie Köln, Augsburg, Hertha & Werder (alles GmbH & Co. KGaAs) in Frage. Eine Umwandlung der Rechtsform ist – wie wir es beim HSV gesehen haben und bei Mainz und Nürnberg aktuell sehen – immer mit erheblichen Widerständen von den Mitgliedern verbunden. Nichts desto trotz ist sie denkbar.

      Weitere Möglichkeiten habe ich bisher nicht identifiziert (aber auch nicht aktiv danach gesucht). Ich bin mir aber sicher, dass wir in Zukunft bei Bestand der 50+1-Regelung weitere Umgehungen sehen werden. Und wie oben beschrieben wird die Abschaffung der Regelung damit immer schwerer.

      Reply
  • 14. Dezember 2016 at 22:17
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    Ich muss sagen, ich bin strikt gegen die Abschaffung der 50+1 Regel. Man muss sich ja nur mal die Beispiele 1860 München, oder Newcastle oder Aston Villa anschauen. Hat ein Investor einen extrem hohen Einfluss durch die Finanzierung der Vereine, ist natürlich der Letter of Intent zunächst ein Ansatz, um die Absichten zu erkennen. Aber die sobald die Entscheidungen nicht mit sportlichem Sachverstand getroffen werden und eine nicht zu erfüllende Erwartungshaltung mit Ungeduld kombiniert wird, dann gehen diese Vereine zu Grunde.

    Aus meiner Sicht ist der Vorsprung der BPL schon jetzt nicht mehr aufzuholen und das ist in gewisser Weise auch gut so! Allein der Versuch, England in Punkto Jahresetat nachzueifern kann nicht richtig sein. Viel mehr muss für die Bundesligisten (1.&2. Liga) das Ziel sein den Spielermarkt mit extrem hochausgebildeten Talenten zu fluten, um über horrende Ablösesummen, das Geld aus England nach Deutschland zu ziehen. Davon profitiert zusätzlich die DFB-Elf, sowie die Region der jeweiligen Vereine, da die Einzugsgebiete durch professionelle Nachwuchsförderung an Attraktivität gewinnen.

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    • 16. Dezember 2016 at 11:43
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      Willkommen bei FuWi, Löwenherz 🙂

      Ich kann Deine Skepsis absolut nachvollziehen. Auch wenn die Clubs bei einer Abschaffung der 50+1-Regel das Heft des Handelns stets selbst in der Hand haben, besteht die Gefahr eines Ausverkaufs. Wie oft kommt es schließlich vor, dass ein Starspieler oder ein großes Talent verpflichtet wird und die großen Hoffnungen nicht erfüllen kann? Solche Irrtümer kann es auch bei Investoren geben. Und diese kann man nicht mit einem Biss in den sauren Apfel einfach abschreiben.

      Nichts desto trotz glaube ich, dass uns der Weg gerade hin zur Abschaffung der 50+1-Regel führen wird. Dann sind wir auf gute Prüfsysteme innerhalb der Clubs und verantwortungsvolles Handeln des Managements angewiesen. Ein bisschen Glück gehört natürlich dann ebenfalls dazu. Wobei: Sollte sich ein Club ausschließlich auf strategische Partnerschaften wie der FC Bayern sie pflegt (Adidas, Audi und Allianz) konzentrieren, kann das Risiko damit etwas reduziert werden. Auf der Fußballkoferenz, bei der ich am 16.11. war, war man sich relativ einig, dass ein Wegfall der 50+1-Regel die Attraktivität für alle – und somit auch diese – Investorengruppen erhöht. Insofern können vielleicht auch kleinere Clubs auf ansprechende Deals hoffen.

      Ich bin mir nicht sicher, ob Dein vorgeschlagener Weg funktioniert. Wie sollen die deutschen Clubs international mithalten, wenn sie alle großen Talente nach England abgeben, um sich so zu finanzieren? Soll sie andere Talente, fertige Spieler oder (alternde) Stars? Ich kann mir nicht vorstellen, dass das nachhaltig ist. Oder habe ich einen Denkfehler darin?

      Freue mich über eine Antwort!

      Reply
  • 16. Dezember 2016 at 14:30
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    Hallo Ralf,

    definitiv kein Denkfehler, aber aus meiner Sicht eine Frage der Philosophie/Vision: Möchte ich die Premier League unendlich in ihrer Struktur kopieren, um dann am Ende vermutlich trotzdem nicht deren finanzielles Niveau zu erreichen? Oder nutze ich den Fokus auf Nachwuchsförderung und zumindest noch dezente existierende Bodenständigkeit als USPs?

    Du sagtest ja selbst, dass, sollte es zum Wegfall von 50+1 kommen, die Öffnung für Investoren zu über 50% vermutlich kein Big Push mehr wäre. Dem Wettbewerb innerhalb der Bundesliga hilft es also vermutlich wenig. Die finanzielle Gesamt-Power steigt natürlich etwas, aber ist dies als Gesamt-Hebel so stark, dass man ernsthaft in die finanziellen Dimensionen der Premier League vorstoßen kann? Und: Was den internationalen Wettbewerb angeht, sehe ich es (noch) nicht so, dass die deutschen Klubs nicht mithalten können. Wobei es ja heißt, dass man die Finanz-Power der Premier League erst im nächsten Sommer so richtig auf dem Transfermarkt erleben wird.

    Ich selbst bin ja großer Fan von ständigen Innovationen, Wachstumsmöglichkeiten usw. Dennoch birgt das alles auch die Gefahr, dass man das Thema komplett überdreht. Klubs verlieren immer mehr den Kontakt zur Basis, man kann zumindest eine leichte Tendenz sehen, dass der Zuschauer zuhause so langsam übersättigt wird und der Sport verliert in Teilen etwas von seiner Faszination.

    Das hat natürlich nicht alles nur etwas mit 50+1 zu tun, eine Aufhebung der Regel wäre aber definitiv ein weiterer Schritt in die beschriebene Richtung. Ich bin mir selbst nicht sicher, wie ich das finden soll.

    Beste Grüße
    Philipp

    Reply
    • 16. Dezember 2016 at 19:48
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      Stimmt, die Diskussion hat nicht ausschließlich was mit der 50+1-Regel zu tun. Ist aber unglaublich spannend!

      Mit der Frage nach dem USP hast Du mein Strategieberater-Herz natürlich geweckt. Die klassischen Analysen (Wettbewerber, SWOT, Kundenanalyse etc.) auf die Bundesliga anzuwenden wäre hoch interessant. Das werde ich auf jeden Fall in meinen Redaktionsplan mit aufnehmen. Beim von Dir genannten USP (Nachwuchsförderung mit ein bisschen Bodenständigkeit) stellt sich natürlich die Frage, wie relevant das für uns als Konsumenten ist. Für mich persönlich ist das nur so lange relevant, bis der gute Fußball nicht mehr in Deutschland gespielt wird. Nur wegen der Nachwuchsförderung oder ein wenig Bodenständigkeit würde ich Fußball nicht schauen.

      Zur Wettbewerbsfähigkeit der Bundesliga: Ich finde es ein starkes Signal, dass der FC Bayern mit so vielen Top-Spielern (Ribery, Lewandowski & Co) verlängert. Die Spieler würden im Falle eines Transfers unglaublich teuer. Somit sehe ich die Wettbewerbsfähigkeit des FC Bayern international vorerst nicht gefährdet. Bleibt abzuwarten, was die Dortmunder machen. Wenn es mehr Spieler wie Marco Reus gebe (die dann noch weniger verletzungsanfällig sind :-)), würde ich mir da auch überhaupt keine Gedanken machen. Julian Weigl hat beispielsweise heute im Laufe des Tages ebenfalls verlängert.

      Am Ende können wir natürlich auch ein wenig mitbestimmen. Wenn wir uns – aus welchen Gründen auch immer – den Fußball nicht mehr anschauen würden, würden die Verantwortlichen garantiert reagieren. Aber solange der Höhenflug sich fortsetzt und ein Rekord nach dem anderen gebrochen wird, gibt es wenig Grund, eine andere Richtung einzuschlagen.

      Reply
  • 23. März 2017 at 8:19
    Permalink

    Hallo Ralf,
    ich habe eine Anmerkung zu deiner Aussage der Umgehung der 50+1-Regel im Zusammenhang mit Borussia Dortmund und der Rechtsform GmbH & Co. KG auf Aktien.

    Zunächst einmal ist bei der 50+1-Regel der Stimmrechtsanteil und nicht der Kapitalanteil entscheidend. (Vgl. DFL Deutsche Fußball Liga e. V., Satzung, § 8 Nr. 3) Das heißt also, dass unabhängig von der Rechtsform der ausgegliederten Lizenzspielerabteilung theoretisch 100 % der Kapitalanteile veräußert werden können.

    Bei der Rechtsform GmbH & Co. KGaA ist geregelt, dass der Mutterverein oder eine von ihm zu 100 % beherrschte Tochter die Stellung des Komplementärs (Vollhafter) haben muss. In diesem Fall genügt ein Stimmenanteil des Muttervereins von weniger als 50 %, wenn auf andere Weise sichergestellt ist, dass er eine vergleichbare Stellung hat wie ein an der Kapitalgesellschaft mehrheitlich beteiligter Gesellschafter. (Vgl. DFL Deutsche Fußball Liga e. V., Satzung, § 8 Nr. 3)

    Im Falle eine Wahl dieser Rechtsform (GmbH & Co. KGaA) liegt also die Vertretungs- und Geschäftsführungbefugnis auschschließlich bei der Komplementär-GmbH (bei Borussia Dortmund vertreten u. a. durch Geschäftsführer H.-J. Watzke). Somit werden die Regelungen formaljuristisch und satzungsgemäß eingehalten. Das hat auch nichts mit stimmrechtslosen Aktien zu tun. Die Kapitalanteile können zu 100 % veräußert werden unabhähig davon ob ein Börsengang zugrunde liegt oder nicht.

    Bei der Fußball-Club Augsburg 1907 GmbH & Co. KGaA hat beispielsweise der Mutterverein FC Augsburg 1907 e. V. auch nur einen Anteil von 0,54 Prozent an der Kapitalgesellschaft. Und bei der Hannover 96 GmbH & Co. KGaA der Hannoverscher Sportverein von 1896 e. V. nur einen Anteil von 16 %. (Stand 2015/2016)

    Reply
    • 23. März 2017 at 9:32
      Permalink

      Guten Morgen Sebastian,

      vielen Dank für Deinen Kommentar!

      Du hast natürlich absolut Recht. Borussia Dortmund verstößt mit dem Verkauf der Kapitalanteile (ohne Stimmrecht) nicht gegen die 50+1 Regel. Genau wie bei Leipzig & Co wird jedoch ein Weg eingeschlagen, der den attraktiven Verkauf von Kapitalanteilen ermöglicht, wodurch ein klarer Wettbewerbsvorteil entsteht. Zur Schärfung meiner Aussage und Berücksichtigung Deines Kommentars habe ich die besagte Passage im Beitrag umformuliert:

      Die drei anderen Clubs haben jeweils eine elegante Form zur „Umgehung“ der 50+1-Regel gefunden. Keiner der Clubs verstößt dabei gegen die Regelung. Es werden jedoch Wege gefunden, wie trotz 50+1-Regel von einer Anteilsveräußerung profitiert werden kann.

      Borussia Dortmund hat von der Möglichkeit der Veräußerung von Kapitalanteilen (ohne Stimmrecht) aufgrund der gewählten Gesellschaftsform einer GmbH & Co KGaA Gebrauch gemacht.

      Findest Du es so treffender formuliert?

      Liebe Grüße
      Ralf

      Reply
      • 24. März 2017 at 20:39
        Permalink

        Hallo Ralf,
        ich finde es wichtig und gut, dass derartige Sachverhalte auf deiner Seite thematisiert werden. Gerade die 50+1-Regel ist ein komplexes Thema im Fußballbusiness. Und in der Öffentlichkeit werden durch Halbwissen die Dinge oft falsch oder mangelhaft dargestellt.

        Man sollte zunächst mal den Status Quo darstellen und aufzeigen, für welche Klubs diese Regelung überhaupt relevant ist:
        In der Saison 2015/2016 haben im Lizenzfußball (1. und 2. Bundesliga) von den 36 Klubs insgesamt 15 Klubs die Lizenzspielerabteilung nicht in eine Kapitalgesellschaft ausgegliedert. Das heißt 42 % der Klubs haben offensichtlich kein interesse an externen Investoren und Anteilseignern. Für diese Klubs ist die 50+1-Regelung also gar nicht relevant, weil sie die Lizenz als eingetragener Verein beantragen.

        Die restlichen 21 Klubs (58 %) haben die Lizenzspielerabteilung in eine Kapitalgesellschaft ausgegliedert:
        GmbH & Co. KGaA -> 11 Klubs
        GmbH ->7 Klubs
        AG -> 3 Klubs
        Die Gründe für eine Ausgliederung sind nicht nur die Verbesserung der Kapitalbeschaffungsmöglichkeiten durch Investoren, sondern auch das Haftungsrisiko zu beschränken oder eine Rechtsformverfehlung zu vermeiden etc.

        Ausnahmeregelungen wurden für folgende Klubs bei Einführung der Regelung 1999 geschaffen:
        Bayer Leverkusen (weil über 20-jährige Unterstützung der Bayer AG) und
        VFL Wolfsburg (weil über 20-jährige Unterstützung der Volkswagen AG).
        Seit 2015 auch TSG Hoffenheim (weil über 20-jährige Unterstützung von Dietmar Hopp) und bald auch Hannover 96 (durch über 20-jährige Unterstützung von Martin Kind).
        Deshalb würde ich hier auch nicht von „Umgehung“ sondern von Ausnahme- oder Sonderregelung laut Satzung sprechen.

        Bei RB Leipzig stimme ich Dir zu. Hier kann man durch die von Dir beschriebene Konstellation der wenigen Vereinsmitglieder von einer „Umgehung“ der Regel sprechen, weil hier offensichtlich durch die RedBull-Angestellten fremdbestimmter Einfluss auf den Verein ausgeübt wird. Obwohl formal die Regeln eingehalten werden.

        Und jetzt muss man aufpassen dass man zwei Dinge nicht vermischt.
        1. Schutz der Klubs vor Fremdbestimmung durch Investoren als oberstes Ziel der 50+1-Regel.
        2. Möglichkeit der Kapitalbeschaffung durch Aufnahme von Anteilseignern/Investoren.

        RB Leipzig finanziert sich hauptsächlich durch Sponsorengelder von Red Bull bzw., wie kürzlich bekannt geworden ist, durch Darlehen von Red Bull.

        Bei Borussia Dortmund und den weiteren 10 Klubs die als GmbH & Co KGaA firmieren, wird die 50+1-Regel dadurch eingehalten, weil die Vertretungs- und Geschäftsführungbefugnis auschschließlich bei der Komplementär-GmbH liegt. „In der Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA hat der Verein mit seinen 146.000 Mitgliedern als hundertprozentiger Gesellschafter der GmbH den entscheidenden Einfluss“ (Vgl. Watzke; FAZ online, 2017).

        Die Kommanditanteile können bei dieser Rechtsform somit zu 100 % an die Kommanditaktionäre veräußert werden. Dies sind auch keine stimmrechtslosen Anteile, sondern die Aktionäre/Anteilseigner haben sehr wohl ein Stimmrecht auf der Hauptversamlung der GmbH & Co. KGaA. Hier wird beispielsweise über die Gewinnverwendung und Höhe der Dividende abgestimmt. Aber eben nicht über das operative Geschäft.

        Fazit:
        Bei der Diskussion über die 50+1-Regelung muss man den Schutz vor Fremdbestimmung durch Investoren und die Möglichkeit zur Kapitalbeschaffung trennen.
        Wie das Beispiel Borussia Dortmund gezeigt hat, ist es durch die geeignete Wahl der Rechtsform trotz bestehender 50+1-Regelung möglich, 100 % der Kapitalanteile an externe Investoren zu veräußern. Nur haben in diesem Fall die Investoren keinen Einfluss auf das Tagesgeschäft, was auch absolut richtig ist. Denn in der Regel haben externe Investoren wenig bis keine Ahnung vom Fußballbusiness (siehe Hamburg mit Kühne oder 1860 München mit Imaik). Die 50+1-Regelung stellt also kein Hindernis zur Beschaffung von frischem Kapital dar.

        Reply
        • 24. März 2017 at 21:17
          Permalink

          Guten Abend Sebastian,

          vielen Dank für Deinen sehr fundierten Kommentar! Ich habe nochmal auf meinen Redaktionsplan geschaut: die zwei nächsten großen Themen, die nach den Fans anstehen, sind die Digitalisierung sowie die Finanzierung der Fußballclubs.

          In den zweiten Bereich fällt auch das Themengebiet der Corporate Governance, in dem ich bereits wissenschaftlich geforscht habe. Auf meinem Blog findest Du bei Interesse unter „Medienlinks“ die Verlinkung zur medialen Berichterstattung. Die wissenschaftliche Veröffentlichung findest Du hier (http://bit.ly/2oek1U7). Sollte das für Dich interessant sein, schreib mir gerne, dann kann ich Dir die Studie zukommen lassen. Du musst sie Dir nicht unter dem Link kostenpflichtig herunterladen.

          Lange Rede, kurzer Sinn: In jeden Fall werde ich das Thema der Finanzierung auch nochmal so aufrollen, wie Du es in diesem Kommentar gemacht hast. Mir ist dadurch nochmal bewusster geworden, dass ich die Trennung zwischen Kapital und Stimmrecht im Hinblick aufs Tagesgeschäft deutlich hervorheben muss. Vielen Dank dafür!

          Frage aus Neugier: Bist Du „nur“ juristisch interessiert oder kommst Du beruflich auf dieser Ecke? In dem ein oder anderen Fußball-relevanten Bereich habe ich juristisch nämlich noch…Potenzial 🙂

          Liebe Grüße und einen schönen Abend
          Ralf

          Reply
  • 26. März 2017 at 17:11
    Permalink

    Hallo Ralf,

    ich bin kein Jurist und Sportrechtler. Aber ich habe BWL und Sportmanagement studiert und kenne mich deshalb im Gesellschaftsrecht etwas aus. Auch deshalb weil ich mich im Rahmen meiner Masterthesis unter anderem mit dem Thema strategische Partner und die Aufnahme von Sponsoren als Anteilseigner bei den Klubs beschäftigt habe.

    Für das Thema Corporate Governance interessiere ich mich auf jeden Fall. Ich schreibe Dir mal eine E-Mail.

    Grüße und einen schönen Abend

    Sebastian

    Reply

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