Fernsehgelder der Bundesliga: Fauler Kompromiss

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In der vergangenen Woche gab die Deutsche Fußball Liga GmbH (DFL) den neuen Verteilungsschlüssel für die Fernsehgelder der Bundesliga bekannt.

Dieser gilt ab der kommenden Saison (2017/18) und ist Grundlage für die Verteilung von 1,16 Milliarden € pro Saison an die 36 Proficlubs der beiden Bundesligen. Zuvor wurden pro Saison noch 680 Millionen € an die Clubs verteilt.

„Trotz teilweise höchst unterschiedlicher Interessen konnte ein Weg gefunden werden, der Leistungsprinzip und Solidarität weiter miteinander verbindet“ [Reinhard Rauball, Präsident der DFL]

Mit diesen Worten fasst der DFL-Präsident seine Sicht auf den nationalen Verteilungsschlüssel zusammen. Im folgenden Beitrag möchte ich die Reform kritisch, aber objektiv beleuchten.

Sportlicher Erfolg bisher maßgebliches Kriterium

Bisher werden die Fernsehgelder der Bundesliga zusätzlich zu einem festen Sockelbetrag auf Basis des sportlichen Erfolgs der letzten fünf Jahre verteilt. Innerhalb der so genannten 5-Jahreswertung wird die aktuellste Saison am stärksten gewichtet.

Berechnung der 5-Jahreswertung

Dabei wird die Tabellenposition in eine Punktzahl umgewandelt, die wiederum über die Jahre unterschiedlich gewichtet wird. Für die Umwandlung des Tabellenplatzes in eine Punktzahl werden alle Clubs der ersten und zweiten Bundesliga in eine Rangfolge gebracht.

Der Meister der 1. Bundesliga erhält hierbei 36 Punkte, während der Letzte der 2. Bundesliga einen Punkt erhält. Dieses Vorgehen wird für jede der fünf betrachteten Saisons durchgeführt.

Je länger die Saison zurück liegt – bis hin zu fünf Jahren – nimmt das Gewicht dieser Spielzeit in der Kalkulation ab. So wird die aktuellste Saison mit 5 multipliziert, die vorherige mit 4, die davor wiederum mit 3 und so weiter und so fort.

Beispiel FC Bayern München

Da der FC Bayern München in vier der letzten fünf Saisons Meister wurde (2013/14 bis 2015/16) und nur einmal Zweiter (2012/13) erhalten sie 539 von 540 möglichen Punkten. Wenig überraschend belegen sie damit in der 5-Jahreswertung der Bundesligisten den ersten Platz.

Einführung des „4 Säulen Prinzips“

Ab der kommenden Saison werden die nationalen Fernsehgelder der Bundesliga nach vier verschiedenen Kriterien („4 Säulen“) verteilt. Diese schauen wir uns einzeln im Detail etwas näher an.

5-Jahreswertung weiterhin entscheidend

Der sportliche Erfolg bleibt nach wie vor das maßgebliche Kriterium. Über diese „Säule“ werden 70% (~ 812 Millionen €) der nationalen Fernsehgelder der Bundesliga verteilt. Dieser Betrag übersteigt bereits die bisherige Gesamtsumme der zu verteilenden Gelder von 680 Millionen €.

Die Berechnung bleibt unverändert, sodass das oben dargestellte Schema auf die zukünftige Verteilung der Fernsehgelder der Bundesliga eins zu eins übertragen werden kann.

Selbstverständlich ist es im Sport unmöglich die über die Medien erlösten Gelder unabhängig vom sportlichen Erfolg zu verteilen. Insofern finde ich es absolut nachvollziehbar an einem Kriterium dieser Art fest zu halten.

Über die genaue Höhe des Einflusses dieses Kriteriums lässt sich vermutlich streiten. Meiner Ansicht nach ist der Anteil nach wie vor sehr hoch. Insbesondere in Verbindung mit dem folgenden Kriterium, das ebenfalls ausschließlich auf den sportlichen Erfolg abzielt.

Einführung des ebenfalls sportlichen Kriteriums „Wettbewerb“

Das neu definierte Kriterium „Wettbewerb“ verteilt 23% (~ 267 Millionen €) der nationalen Fernsehgelder an die Fußballclubs der ersten und zweiten Bundesliga.

Berücksichtigung von Auf- & Abstiegen

Im Gegensatz zur dargestellten 5-Jahreswertung werden hierbei jedoch die Fußballclubs aus den beiden Bundesligen nicht strikt voneinander getrennt. So ergibt sich eine Rangfolge von 36 Proficlubs anhand derer die Verteilung vorgenommen wird. Hierbei wird kein Erstligist schlechter sein als Platz 24 und kein Zweitligist besser als Platz 13.

Mit diesem Kriterium möchte die DFL die Fluktuation zwischen den beiden Ligen berücksichtigen. Es ist meiner Ansicht nach durchaus vertretbar dem Meister der 2. Bundesliga (zumindest in diesem Kriterium) mehr Geld zu geben, als dem Letzten der 1. Bundesliga.

Bildung von Gruppen für die Verteilung der Fernsehgelder der Bundesliga

Innerhalb der aufgestellten Rangfolge werden die Millionen in gleichen Anteilen an bestimmte Rang-Gruppen verteilt. Das bedeutet, dass beispielsweise die Plätze 1-6 jeweils dieselbe Höhe an Geldern über dieses Kriterium erhalten.

Auch diesen Ansatz finde ich durchaus gelungen, da er vermutlich zu mehr Spannung führt, als eine sinkende Höhe an verteilten Geldern für jeden Rang.

Nichts desto trotz werden 93% der Fernsehgelder der Bundesliga maßgeblich über den sportlichen Erfolg (der letzten 5 Jahre) verteilt. Mit diesen Anreizen werden sich die Anzeichen für das Rattenrennen in den folgenden Jahren weiter verstärken. Dies wird vermutlich dazu führen, dass sich die Schere zwischen arm und reich weiter öffnet.

Berücksichtigung von „Nachhaltigkeit“ im Fußball

Ich schreibe den Begriff „Nachhaltigkeit“ in Anführungszeichen, weil ich bis zur Veröffentlichung des neuen Verteilungsschlüssels durch die DFL etwas anderes unter Nachhaltigkeit verstanden habe.

Diese Säule verteilt 5% (~ 58 Millionen €) der Gelder.

Nachhaltigkeit als Handlungsprinzip

Laut Wikipedia ist Nachhaltigkeit wie folgt definiert:

Nachhaltigkeit ist ein Handlungsprinzip zur Ressourcen-Nutzung, bei dem die Bewahrung der wesentlichen Eigenschaften, der Stabilität und der natürlichen Regenerationsfähigkeit des jeweiligen Systems im Vordergrund steht.

Wikipedia

Für mich bedeutet Nachhaltigkeit angelehnt an die oben stehende Definition den bewusst sorgsamen Umgang mit knappen Ressourcen aufgrund eines Bewusstseins der Vergänglichkeit unserer Umwelt.

Auslegung im Fußball

Übertragen auf den Fußball bedeutet dies, dass die sportlichen Erfolge der Fußballclubs aus den letzten 20 Jahren ebenfalls eine Rolle bei der Verteilung der Fernsehgelder der Bundesliga spielen.

Laut Christian Seifert (DFL-Chef) möchte man damit „belohnen, wer tatsächlich in den vergangenen 20 Jahren mitgeholfen hat, die Bundesliga groß zu machen.“

Dementsprechend steht die Bundesliga heute dort, wo sie ist, weil der FC Kaiserslautern in der Saison 1997/98 deutscher Meister geworden ist. Das sollte natürlich belohnt werden :-).

Im Ernst: Es macht durchaus Sinn, die Kriterien für die Verteilung der Fernsehgelder der Bundesliga etwas weiter zu fassen, als auf den sportlichen Erfolg der letzten fünf Jahre. Dennoch ist eine bloße Verlängerung des Zeitraums bei Aufgabe der Gewichtung meiner Meinung nach nicht der richtige Weg.

Honorierung der Förderung von Jugendspielern

Mit 2% (~ 23 Millionen €) werden die Fußballclubs begünstigt, die vermehrt auf Jugendspieler setzen.

In diesem Kontext sind dies Spieler, die im Verband (DFB) ausgebildet wurden und unter 23 Jahren alt sind. Gemessen wird dies je Fußballclub in Einsatzminuten.

Als ich von diesem Ansatz gelesen habe, musste ich schmunzeln. Es ist aller Ehren wert, die Jugendarbeit bzw. den Einsatz junger Spieler zu fördern. Dennoch ist die Höhe bei den Millionenumsätzen aus Club-Sicht vermutlich zu vernachlässigen.

Abschließendes Fazit

Genau wie bei meiner Beurteilung der Champions League Reform, möchte ich auch an dieser Stelle nochmals betonen, dass Reformen an sich nichts Schlechtes sind.

Bisher wurden die Fernsehgelder der Bundesliga ausschließlich auf Basis des sportlichen Erfolgs verteilt. Im Großen und Ganzen ist dies weiterhin bei 93% der verteilten Gelder der Fall.

Die Honorierung von guter Jugendarbeit finde ich absolut vertretbar. Hierbei handelt es sich jedoch meiner Meinung nach lediglich um ein nettes Signal und nicht um eine finanzielle Belohnung mit Gewicht. Anders ist der Anteil von 2% nicht zu erklären.

Außerdem finde ich die Namensgebung der „Nachhaltigkeits-Säule“ irreführend und ihre Auslegung nicht zielführend. Aufgrund der Berücksichtigung von sportlichen Erfolgen in den letzten 20 Jahren wird die Bundesliga nicht gerechter.

Erst recht nicht, wenn nach dieser Regel lediglich 5% der Fernsehgelder der Bundesliga verteilt werden.

Insofern fasse ich zusammen: Netter Versuch mit plausiblen Ansätzen, der jedoch nicht konsequent genug gedacht ist. Ein fauler Kompromiss.

Meinen Vorschlag für ein mögliches fünftes Kriterium sowie eine Stellungnahme zum Team Marktwert gibt´s nächste Woche.


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