Was passiert eigentlich wirtschaftlich beim Abstieg aus der Bundesliga?

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Immer häufiger werde ich gefragt, was eigentlich mit einem Club beim Abstieg aus der Bundesliga passiert. Das hat einerseits damit zu tun, dass ich in der Branche durch den Blog und meine zahlreichen anderen Aktivitäten immer bekannter werde.

Andererseits liegt es leider auch daran, dass ich viel mit HSV-Fans spreche, da ich selbst einer bin und nun mal in Hamburg wohne.

Allen, die diese Frage stellen, ist hierbei klar, dass ein Abstieg einer mittelschweren Katastrophe gleichkommt. Genau deshalb versuchen die Bundesligisten diesen mit allen Mitteln zu verhindern. Am Ende trifft es trotzdem immer zwei Clubs.

Ein Hoch auf den positionalen Wettbewerb, der den Fußball so spannend macht :-).

In diesem Beitrag möchte ich etwas tiefer einsteigen als bloß festzuhalten, dass ein Abstieg für jeden Club eine (wirtschaftliche Katastrophe) bedeutet. Dabei werde ich trotzdem vor allem qualitativ argumentieren, da ich den Effekt eines Abstiegs nicht genau beziffern (quantifizieren) kann.

Zuerst schauen wir uns ausführlich die Einnahmen- anschließend kurz die Ausgaben-Seite an.

Umsatztreiber bei Abstieg aus der Bundesliga

Zur Beantwortung der Frage, was mit einem Club beim Abstieg aus der Bundesliga passiert, möchte ich mich an einer Struktur orientieren. Für diesen Beitrag habe ich die der sechs Umsatztreiber eines Fußballclubs gewählt.

Auf diese bin ich in einem separaten Beitrag bereits eingegangen. Zur Erinnerung – hiermit verdienen die Bundesligisten ihr Geld.

Umsatztreiber als Analyse-Framework für die wirtschaftlichen Implikationen beim Abstieg aus der Bundesliga
Umsatztreiber als Analyse-Framework für die wirtschaftlichen Implikationen beim Abstieg aus der Bundesliga

Jeden dieser Umsatztreiber werden wir nun einzeln durchgehen und die Frage beantworten, welchen Effekt ein Abstieg aus der Bundesliga auf sie hat.

1. Mediale Verwertung beim Abstieg aus der Bundesliga

Über die Verteilung der TV-Gelder habe ich in einem separaten Beitrag ebenfalls schon gesprochen. Im Wesentlichen wird der mit Abstand größte Umsatztreiber in Abhängigkeit von der sportlichen Performance verteilt.

Insgesamt legt die Deutsche Fußball Liga (DFL) vier Kriterien zur Verteilung der TV-Gelder an. Drei davon beziehen sich direkt auf die sportliche Leistung der vergangenen Jahre. Lediglich das Kriterium zur Nachwuchsarbeit – das insgesamt 2 % der Medienerlöse ausmacht – hat keinen direkten Bezug zum sportlichen Erfolg.

Die Höhe dieses Kriteriums ist jedoch mit 24 Millionen Euro insgesamt absolut vernachlässigbar.

Anders sieht es mit den restlichen 98 % aus. Diese werden entweder auf Basis der sportlichen Performance in den letzten 5 Jahren (93 % der Gelder) bzw. 20 Jahren (5 %) verteilt.

Kommt es nun zum Abstieg aus der Bundesliga, wird der betroffene Club sich mit ziemlich großer Sicherheit in diesen Wertungen verschlechtern. Einzige Ausnahme wäre ein Club, der vor einigen Jahren noch in einer unteren Liga gespielt hätte.

Sollte es beispielsweise RB Leipzig treffen – was natürlich nur ein hypothetisches Beispiel ist – könnten die Sachsen sich theoretisch trotz Abstieg aus der Bundesliga bezüglich der Medienerlöse verbessern.

Der durchschnittliche Bundesligist sollte sich jedoch (massiv) verschlechtern, weshalb ein großer Teil des Umsatzes wegbricht.

2. Werbung bei Abstieg aus der Bundesliga

In dieser Kategorie geht es vor allem um das Thema Sponsoring (Ausrüster, Trikotsponsor etc.). Leider kenne ich die Sponsoring-Verträge der Bundesligisten nicht. Eines ist aber klar:

Sponsoren wollen einerseits Reichweite, andererseits – je nach Sponsoring-Kategorie – einen positiven Image-Transfer. Beide Voraussetzungen verschlechtern sich im Falle eines Abstiegs aus der Bundesliga.

Dementsprechend bin ich mir sicher, dass die Unternehmen sich für diesen Fall vorbereiten und Klauseln in ihre Verträgen mit aufgenommen haben. Diese könnten entweder beinhalten, dass das Sponsoring-Verhältnis beim Abstieg aus der Bundesliga endet. Alternativ könnte geregelt sein, dass die zu zahlenden Prämien sinken.

Letzteres halte ich persönlich für wahrscheinlicher. In diesem Zusammenhang habe ich in Football Leaks (affiliate) bereits eine interessante Passage zu Real Madrid gelesen.

Aktuell bekommen die Königlichen jede Saison von ihrem Ausrüster Adidas ca. 90 Millionen Euro garantiert (zuzüglich Erfolgszahlungen für Titel o.ä.). Sollten die Madrilenen während der Laufzeit des Vertrags aus der La Liga absteigen, erhalten sie nach wie vor 60 Millionen Euro pro Jahr.

Das ist zwar immer noch sehr viel Geld, allerdings ein Drittel weniger als der Betrag, den Real Madrid in der ersten spanischen Liga bekommt. Ich fand es sehr unterhaltsam, dass sogar der spanische Rekordmeister eine Klausel dieser Art in seinem Vertrag hat.

Beim Abstieg aus der Bundesliga werden die Erlöse aus der Werbung somit mit Sicherheit ebenfalls einbrechen.

3. Spieltagserlöse beim Abstieg aus der Bundesliga

Bei den Spieltagserlösen geht es im Wesentlichen um die Einnahmen aus den Ticketverkäufen am Spieltag. Dieser Treiber unterliegt zwei Faktoren:

  1. Ticketpreis
  2. Anzahl verkaufter Tickets

Die Ticketpreise richten sich in der Bundesliga vor allem nach dem Gegner, der ins heimische Stadion kommt. Es steht außer Frage, dass die Attraktivität der Gastmannschaft in der 2. Bundesliga rein spielerisch niedriger ist als in der höchsten Spielklasse.

Hinzu kommt, dass auch das eigene Team in der Regel nicht mehr so gut besetzt ist (dazu kommen wir später noch), da in der 2. Bundesliga weniger Stars spielen als in der 1. Bundesliga.

Beim Abstieg aus der Bundesliga liegt die Vermutung nahe, dass viel weniger Fans ins Stadion pilgern. Das muss aber nicht zwangsläufig so sein.

Der VfB Stuttgart ist beispielsweise nach der Saison 2015/16 in die 2. Bundesliga abgestiegen. Im Durchschnitt waren pro Heimspiel im Unterhaus allerdings nur 1.145 Fans weniger im Stadion als in der Saison des Abstiegs. Diese beeindruckenden Zahlen kannst Du bei Transfermarkt nachlesen und auch für Deinen Club abrufen.

Mit 50.717 Fans pro Heimspiel waren die Schwaben noch immer unter den 20 Teams mit den höchsten Besucherzahlen Europas.

Unterm Strich dürften die Spieltagseinkünfte jedoch mit Sicherheit im Vergleich zum Vorjahr durch den Abstieg aus der Bundesliga gesunken sein. Darauf muss sich jeder Absteiger einstellen.

4. Transfereinnahmen beim Abstieg aus der Bundesliga

Über das Thema der Transfereinnahmen beim Abstieg aus der Bundesliga kann mit Sicherheit viel diskutiert werden. Nicht alle Verträge der Profi-Fußballer gelten automatisch für die zweite Bundesliga.

Im Falle eines Abstiegs müsste der Vertrag demnach entweder aufgelöst werden (keine Ablösesumme), oder aber eine niedrige festgeschrieben Ablösesumme gezahlt werden.

Beides ist für den absteigenden Club hochgradig unattraktiv. Deshalb schließen viele Bundesligisten mittlerweile Verträge ab, die auch für die 2. Bundesliga gelten. Das wirkt auf den ersten Blick attraktiv, kann aber auch gefährlich werden.

Rein theoretisch könnte ein Absteiger somit in der 2. Bundesliga mit genau demselben Kader antreten, wie zuvor. Das Problem hierbei ist allerdings, dass die Gehälter gezahlt werden müssen.

Alle Umsatztreiber, die wir uns bisher angeschaut haben, sinken im Falle eines Abstiegs aus der Bundesliga. Konstante Personalkosten sind somit nahezu unmöglich zu finanzieren, weshalb der Absteiger gezwungen ist, Spieler zu verkaufen.

Aufgrund der rein rechtlichen Vertragslage kann der ehemalige Bundesligist nun also eine hohe Ablösesumme verlangen. Aufgrund des Verkaufszwangs ist die Verhandlungsposition jedoch schwach. Andere Clubs wissen demnach, dass Spieler abgegeben werden müssen, was die Ablösesumme ebenfalls drückt.

Durch einen möglichen Ausverkauf im ersten Jahr nach dem Abstieg aus der Bundesliga können die Transfereinnahmen je nach Verhandlungsgeschick und finanziellem Spielraum somit noch durchaus attraktiv sein. Bei mehreren Saisons in der Zweitklassigkeit, werden diese jedoch auch mit Sicherheit sinken.

5. Merchandising beim Abstieg aus der Bundesliga

Unter Merchandising verstehen wir den Verkauf von Fan-Artikeln. Der erste Artikel, der den meisten hierbei zuerst in den Sinn kommt, ist das Trikot. Deshalb fokussiere ich mich in diesem Abschnitt hierauf.

Genau wie bei den Spieltagseinkünften gibt es erneut den Treiber des Preises und des Absatzes.

Für die Preis-Perspektive habe ich eine interessante Zahl für Dich: Gemäß der SPONSORs Ausgabe aus dem September 2017 kostet ein Trikot (ohne Beflockung) eines Clubs der 1. Bundesliga durchschnittlich 86,83 Euro.

Die Clubs der 2. Bundesliga verlangen im Durchschnitt fast 16 Euro weniger (71,01 Euro). Der Preis für ein einzelnes Trikot sollte beim Abstieg aus der Bundesliga demnach fallen.

Über die Nachfrage von Fan-Seite haben wir im Abschnitt zu dem Spieltagseinkünften ebenfalls schon gesprochen. Bei richtiger Vermarktung – zum Beispiel in Form einer Kampagne für den Wiederaufstieg – könnte ich mir vorstellen, das die bloße Anzahl nicht zu stark einbricht.

Voraussetzung ist allerdings, dass im Umfeld des Absteigers einiges richtig gemacht wird. Und das war in den vergangenen Jahren vermutlich nicht der Fall. Andernfalls wäre der Clubs vielleicht ja nicht abgestiegen.

Unterm Strich werden demnach auch die Einnahmen aus dem Merchandising unter dem Abstieg aus der Bundesliga leiden.

6. Umsatztreiber „Sonstiges“

Dieser Umsatztreiber ist leider nicht so klar definiert, wie die restlichen. Als typisches Beispiel werden hierfür Veranstaltungsformate herangezogen, die im Stadion stattfinden.

Ich könnte mir vorstellen, dass dieser Treiber ebenfalls (leicht) unter einem Abstieg leidet, weil die Attraktivität / das Prestige abnimmt.

Zwischenfazit zur Umsatz-Perspektive

Insgesamt können wir somit festhalten, dass der Umsatz eines Absteigers massiv sinken wird. In verschiedensten Gesprächen habe ich eine Größenordnung von ca. 40 % aufgeschnappt.

Das ist hierbei jedoch lediglich ein Richtwert.  Er zeigt aber, wieso die Clubs sich so sehr vor einem Abstieg fürchten und teilweise an den Rand der finanziellen Nachhaltigkeit gehen, um ihn zu vermeiden.

Ausgaben beim Abstieg aus der Bundesliga

Auf diesen Teil möchte ich nun nicht so detailliert eingehen, wie auf die Umsatz-Perspektive. Ich fürchte nämlich, dass der Beitrag sonst zu lang wird :-).

Da die Umsätze zum Teil massiv unter dem Abstieg leiden werden (ca. – 40 %), wäre es natürlich wünschenswert, wenn die Ausgaben auch automatisch sinken würden. Das ist leider nur bedingt der Fall.

Den größten kurzfristigen Einfluss haben mit Sicherheit Einsparungen im Spieleretat. Etwas weiter oben hatte ich bereits geschrieben, dass Absteiger große Teile ihres Kaders verlieren. Damit gehen automatisch Einsparungen der Spielergehälter abgegebener Spieler einher. Diese werden mit Sicherheit bei anderen Clubs gut unterkommen.

Wesentlich brisanter verhält es sich hierbei mit dem Personal in Handel & Verwaltung. Gerade etablierte Bundesligisten haben unter Umständen viele klassische Büro-Angestellte, die sich um die Abläufe im Hintergrund des Fußballclubs kümmern.

Gegebenenfalls müssen in diesem Bereich nach dem Abstieg aus der Bundesliga Stellen gestrichen werden. Diese Angestellten werden es dabei mit Sicherheit nicht so leicht haben wie die Spieler, wenn es um eine neue Anstellung geht. Das liegt einerseits an der begrenzten Anzahl von Stellen im Fußball-Business.

Andererseits sind professionelle Fußballspieler vermutlich wesentlich ortsunabhängiger als klassische Angestellte.

Deshalb drücke ich jedem Absteiger die Daumen, dass die erforderlichen Einsparungen über den Spieleretat erreicht werden können und die Angestellten aus Handel & Verwaltung nicht – zusätzlich zum sportlichen Misserfolg – darunter zu leiden haben. Vorausgesetzt natürlich, dass noch genug Arbeit vorhanden ist :-).

Anteilsveräußerung in der 2. Bundesliga

Wenn das Geld knapp wird, kann ein Verkauf der Anteile helfen, um die Kassen etwas zu füllen. Investoren überweisen Geld für einen bestimmten Anteil an der ausgegliederten Kapitalgesellschaft.

Maßgeblich für die Höhe der Zahlung je Anteil ist hierbei die Unternehmensbewertung. Diese richtet sich im Wesentlichen – laut Theorie – nach den zu erwartenden Gewinnen der Zukunft.

In der 2. Bundesliga sind diese natürlich niedriger als in der obersten Spielklasse. Aus diesem Grund wird die Unternehmensbewertung – und somit der Preis je Anteil – nach dem Abstieg aus der Bundesliga geringer ausfallen als vorher.

Bei der Aussicht auf einen Wiederaufstieg könnten natürlich ähnliche Summen gezahlt werden, wie in der 1. Bundesliga. Dennoch kann sich kein Club sicher sein, dass der direkte Wiederaufstieg gelingt.

Auswirkungen auf die Lizenz

Zusätzlich zu den finanziellen Sorgen, muss ein Absteiger unter Umständen somit sogar um die Lizenz bangen. Im Rahmen des Lizenzierungsverfahrens prüft die DFL, ob ein Club am Spielbetrieb teilnehmen darf.

Der wohl kritischste Faktor nach dem Abstieg aus der Bundesliga ist die Liquidität. Dahinter verbirgt sich die Fragestellung, ob der Absteiger alle laufenden Rechnungen innerhalb der kommenden Saison zahlen kann.

Sollte er dazu nicht in der Lage sein, besteht die Gefahr, dass der Club in der laufenden Saison aussteigen muss, was in jedem Fall vermieden werden sollte.

Über die Auswirkungen eines Abstieg und der Nicht-Erteilung der Lizenz haben wir bereits beim Niedergang von TSV 1860 München diskutiert. Anstatt aus der 2. in die 3. Bundesliga abzusteigen, mussten die Löwen nun in der Regionalliga antreten.

Fazit

Dieser ausführliche Beitrag (~ 2.000 Wörter) unterstreicht die Wichtigkeit des Klassenerhalts denke ich ganz gut. Ich drücke Dir die Daumen, dass Dein Club nie den Weg in die zweite Liga antreten muss.

Wenn doch, hoffe ich, dass der direkte Wiederaufstieg gelingt und Du – beziehungsweise der Club – aus den Misserfolgen Motivation ziehen kannst.

So mache ich es immer: Wenn etwas nicht funktioniert oder so klappt, wie ich mir das vorstelle, bin ich im ersten Moment frustriert. Nach einer kurzen Pause besinne ich mich jedoch und ziehe aus diesem Misserfolg Energie für die Zukunft, um es besser zu machen.


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